gefühle sind eine ursprünglichere art des denkens, eine intuitive wahrnehmung von situationen und unreflektierte handlungsanreize, die den anforderungen des überlebens durchaus genügen.
es kann hilfreich sein, die gefühlswelt als eine sinneserfahrung zu betrachten; so wie den gesichts-, den gehör-, den geruchs-, den geschmacks-, und den tastsinn, gibt es einen gefühlssinn.
und so wie die anderen sinne, will auch der gefühlssinn vom rationalen verstand gedeutet und interpretiert werden, um sein potential zu entfalten.
schmecken tut irgendwie jeder, doch um sternekoch zu werden, muss der geschmackssinn geschult werden, damit die zutaten eines gerichtes ihre aromen ergänzend entfalten können.
riechen kann jeder, doch um ein parfümeur zu werden, muss der geruchssinn geschärft werden, die ingredienzien zu kopf-, herz-, und basisnoten in harmonie und verhältnis gebracht werden.
hören kann jeder, doch um ein komponist zu werden, müssen instrumente und tonleitern erdacht und arrangiert werden, um ordnung in die kakophonie der welt zu bringen.
am besten eignet sich jedoch der gesichtssinn als analogie zum gefühlssinn.
um das sehen von farben verständlich zu machen, wird die farbenwelt in drei grundfarben aufgeteilt: rot, gelb und blau. aus der mischung dieser drei primärfarben lassen sich dann alle anderen sekundärfarben darstellen, wie es im farbkreis veranschaulicht wird.
ich meine nun (ohne einen wahrheitsanspruch, ich dilettiere) dass sich das gesamte gefühlsspektrum aus drei grundgefühlen, (die sich ganz offensichtlich auch bei vielen tieren beobachten lassen) und ihren abstufungen und ihrem jeweiligen mischungsverhältnis ergibt.
diese drei grundgefühle sind: gier, angst und wut, mit ihren abstufungen:
-gier: aufmerksamkeit, neugier, zuneigung, hunger, begehren, drang, schmacht, sucht, liebe, …
-angst: vorsicht, schüchternheit, abneigung, …
-wut: angriffslust, kampfeslust, zorn, tobsucht, berserkerwut, …
und daraus ergeben sich immer feiner zu differenzierendere sekundärgefühle.
-angst und wut: bösartigkeit, niedertracht, empörung, entrüstung, scham, gerechtigkeit, rachsucht, widerwille, ekel, abscheu …
-angst und gier: geiz, hass, mitleid, neid, bedauern, reue, schuld, respekt…
-gier und wut: leidenschaft, grausamkeit, rücksichtslosigkeit, sehnsucht, ehrgeiz, stolz, hoffart
die liste ist je nach verfügbarem wortschatz und mit noch zu bildenden wörtern erweiterbar,
kurz gesagt: die gesamte erzählung über die menschheit von anbeginn an ist die erzählung über ihre gefühle.
um die analogie zum farbkreis zu vervollständigen, sei noch erwähnt, dass es zwei nicht-farben gibt: weiss, die gesamtheit aller farben, und schwarz, das fehlen aller farben.
deswegen, @Molak , finde ich deine aussage, gefühle seien trügerisch wenig präzise, und dass sie den verstand vernebelten, ist nicht zwingend. der verstand kann licht und ordnung in die schattenwelt der gefühle bringen, und aus dem gefühlssinn ein wertvolles instrumentarium schmieden, das dem empfindungsfähigen wesen dienlich sein kann.
ausserdem sollte die erforschung und durchdringung dieser dimension der wahrnehmung uns als transhumanisten nützlich, wenn nicht unabdingbar zur entwicklung nicht-organischer lebensformen sein. es ist wahrscheinlich, dass ironischerweise sogar erst computer uns ermöglichen werden, die ganze tiefe menschlicher gefühlswelt zu erschliessen, da sich logischerweise () mit zunehmender trennschärfe die mannigfaltigkeit und komplexität der wahrnehmbaren gefühle erweitert und vergrössert.
allerdings besteht eine gewisse gefahr der überfrachtung der gefühlswahrnehmung, da mit zunehmender reflektionsfähigkeit manche aspekte der welt gefühlsmässig nur schwer zu ertragen sind. gewöhnung, abstumpfung, verhärtung und ablehnung bis hin zur hysterischen übertreibung und wollüstigem behagen an der überschreitung emotionaler hemmschwellen sind jedoch selbst emotionale schutzreaktionen des gefühlssinns. möglicherweise ist es dieser prozess, der aktuell zu beobachten ist, und allenthalben beklagt wird.
angesichts der noch zu bewältigenden herausforderungen fällt mir der ausspruch von ash, dem androiden der nostromo ein: " i can not lie to you about your chances, but … you have my sympathies."