wir können kultur nicht kostenlos zur verfügung stellen, deshalb müssen wir sie schützen. wo kämen wir denn hin, wenn niemand mehr für seine unterhaltung bezahlen würde, und alle nur noch in tauschbören unterwegs wären? dann gingen musiker wie metallica doch am bettelstab! nein, für arbeit, die menschen für andere leisten müssen auch alle ordentlich bezahlen.
soweit unser gerechtigkeitsempfinden, oder zumindest jenes, welches wir unreflektiert seit langem schlucken. wie lässt sich arbeit definieren? ganz einfach: sie ist eine tätigkeit, an dessen ergebnis mehr menschen, als nur man selbst, partizipieren. in einer arbeitsteiligen gesellschaft, wie unserer wenigstens. einsiedler könnten jeglichen aufwand, den sie für ihr eigenes überleben betreiben, als arbeit bezeichnen. aber das sind wir nicht. wir sind längst in einem netzwerk, in dem alle voneinander abhängig sind und alle glauben, dass arbeit auch entlohnt werden muss.
wo bleibt unser gerechtigkeitsempfinden, wenn wir damit konfrontiert werden, dass eine statistische erhebung im jahre 2001 herausgefunden hat, dass in deutschland auf 56 milliarden bezahlte arbeitsstunden 96 milliarden unbezahlte arbeitsstunden kommen? müssten wir nicht mit mindestens dem selben gerechtigseifer, mit dem wir seit jahrzehnten akzeptieren, dass wir ohne ausnahme vor jedem film-und seriengenuß zu hause, von einem legal und teuer erworbenen datenträger pauschal als datenpirat verdächtigt und strafe angedroht bekommen, in einem strafmaß, das im stande ist, leben zu ruinieren, bevor uns ein menü zur verfügung gestellt wird, mit dem wir endlich auf den inhalt zugreifen können, einfordern, dass diese ganzen arbeitsstunden endlich mal entlohnt werden?
noch interessanter wird es, wenn wir klären könnten, welche art von tätigkeiten in den 96 milliarden enthalten sind und welche nicht. die verfügbare datenlage im netz legt nahe, dass es sich dabei hauptsächlich um “private” haus- und familienarbeit und ehrenamtliches engagement handelt - mit unbezahlten überstunden befasst sich eine andere statistik. ist da der blogger dabei, der mit seinen inhalten unzählige internetnutzer bereichert, informiert, hilft, aufklärt, unterhält und zum nachdenken anregt? oder der you tuber, der aufwändig aufzeichnet, schneidet, und gestaltet um uns etwas kostenlos zu bieten, was antiken und neuzeitlichen tv-programmen in nichts nachsteht? oder der hoster, der vielen menschen eine plattform bereitstellt, sie zeit- und geldaufwändig wartet und moderiert, damit andere sich kostenlos vernetzen und austauschen können? oder auch nur der durchschnittliche user sozialer netzwerke, der jeden tag anderen seine aufmerksamkeit schenkt und beiträge liest und bewertet und anderen ebenso information bietet? vermutlich hat die statistik dies alles noch nicht erfaßt. doch kein netzwerk würde es geben, ohne diesen durchschnittlichen user und seine zeit, die er dort verbingt. wir sind in einer zeit angelangt, in der wir nicht mehr damit durchkommen, die internetaktivität als privatvergnügen zu trivialisieren: eine zeit, in der privates und öffentliches nicht mehr zu trennen ist. unser wirtschaftssystem ist längst darauf angewiesen, dass wir online gehen und uns vernetzen. es ist so sehr darauf angewiesen und generiert so viel vermögen mit unser aktivität, dass anbieter wie facebook, google und microsoft schon lange nichts mehr dem zufall überlassen wollen und erst recht nicht der freiwilligkeit. sie sind die tatsächlichen datenpiraten, die weder strafe fürchten müssen, noch durch schutzmaßnahmen ihrer freiheit beraubt werden. in früheren zeiten konnten menschen eine revolution anzetteln, indem sie für wochen streikten und die arbeit niederlegten. heute brauchten wir alle nur einen einzigen tag unsere unbezahlte internetarbeit auszusetzen, um das wirtschaftssystem zum einsturz zu bringen. nicht, dass dies wünschenswert wäre ( oder doch?), es sollte uns lediglich klarmachen, welchen wert unsere unbezahlte arbeit für uns alle hat.
meine vision ist eine welt, in der niemand mehr sagen kann: "heute habe ich viele stunden unbezahlt gearbeitet "